Beatriz von Eidlitz versteht sich nicht als Malerin, vielmehr als Bildhauerin. Da liegen auch ihre Wurzeln. Sie ist in Buenos Aires geboren und hat zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien Bildhauerei studiert. In dieser Zeit musste sie sehr erfinderisch sein, auch Material war knapp. Während eines weiteren Studiums der Angewandten Grafik und Malerei in München entdeckte sie ihre Leidenschaft für Papier, für das Handschöpfen von Papier. Die Herstellung von Papier bedeutet die Beschäftigung mit einer über 2000 Jahre alten Geschichte, vom wertvollen Material bis hin zum Recycling-Objekt.
Zehn Jahre lang hat sie sich beim Neuaufbau der Papiermühle in Großpertholz in Österreich engagiert, sodass sie, wie sie selbst sagt, schon „Teil der Papiermühle“ wurde.
Drei Materialien bringen die zauberhaften Bildobjekte der Künstlerin hervor: Farbpigmente, Eisen und Papier – jahrtausendalte Werkstoffe in eine bis dato nicht bekannte Verbindung, in einen völlig neuen Zusammenhang gebracht.
Papier dient Beatriz von Eidlitz als Bildträger und/oder Arbeitsmaterial. Das Eisen hingegen fungiert als Reliefplatte oder Schablone.
Beatriz von Eidlitz pigmentiert Eisenplatten direkt und schöpft Papier darauf, das dann trocknet. Nach dem Trocknungsprozess wird das Papier abgezogen. Auf der Eisenplatte zurück bleiben faszinierende Oberflächenstrukturen, die sich durch die stattgefundene Oxidation eingeprägt haben. Jedes Pigment oxidiert unterschiedlich und kreiert hernach auch andere Oberflächen. Wenn es optimal läuft, entstehen auf diese Weise zwei Prägedrucke, einmal auf dem Trägermaterial Eisen und zusätzlich auf dem abgezogenen getrockneten Papier.
Der besondere Reiz liegt in diesen dualen Kunstwerken, Papiernegativ und Reliefpositiv. Die Symbiose Eisen Papier äußert sich in unterschiedlichen Dominanzen, mal determiniert das Papier das Kunstwerk, mal wirkt die Eisenoptik werkbestimmend. In dieser Gegensätzlichkeit weich und hart, konkav und konvex, streng geometrisch oder vegetativ floral präsentieren sich ihre Arbeiten. Was für die Form gilt, trifft auch auf die Farbe zu. Einerseits tritt sie zurückhaltend, erdig, Kork assoziierend, die Urelemente, Erde, Feuer, Wasser beschreibend auf, dann aber erscheint sie knallig, intensiv leuchtend, viel strahlender als es jede Ölfarbe vermag. Die Farbpigmente vereinen sich zum bunten Reigen, erleben ein Miteinander bei der Demokratie der Farben.
Im Grunde genommen möchte man Beatriz von Eidlitz‘ Arbeiten nicht nur ansehen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes auch begreifen, den haptischen Effekt wahrnehmen, die Krater, die sich gebildet haben, mit den Fingerspitzen nachspüren, so animierend sind diese Oberflächenstrukturen.
Den Rest erledigt in der Tat die Farbe, egal ob sie bei ihrem Anblick farbtrunken macht oder ob sie in der Gegenwart von korrodiertem Eisen an Vergänglichkeit und Veränderungsprozesse erinnert. Beatriz von Eidlitz versteht es unser Kopfkino in Gang zu setzen und Bilder und Gefühle entstehen zu lassen.
Bleibt zu wünschen, dass die Künstlerin noch viele Inspirationen von diesem wunderbaren Werkstoff Papier erhält, vom „Mehl des Geistes“, wie es der Schriftsteller Erik Orsenna in „Auf der Spur des Papiers- eine Liebeserklärung“, so plastisch formuliert hat.
Text und Fotos mit freundlicher Genehmigung Heidrun Bucher-Schlichtenberger, Galerie Kunstblick Balingen