Halbwertszeit
Die stillgelegte Ziegelei in Oberkaufungen ist ein eindrucksvoller Ort: ein Industriedenkmal, ein beachtliches Bauwerk, ein merkwürdiges, in den Tiefen seines Inneren fast dämonisches Monstrum. Vor zwanzig Jahren war es ein Ort im Stadium von Verfall und Verwandlung. Und es war ein Fundort für Materialien und Raumsituationen. Dort, in der Nähe von Kassel, haben Beatriz von Eidlitz und Andreas Stetka 2002 parallel zur Documenta 11 ihre Installation „Halbwertszeit“ eingerichtet.
Halbwertszeit bezeichnet die Zeitspanne, in der ein Stoff um die Hälfte abnimmt. Im übertragenen Sinn kann das heißen: Alte vernutzte Gegenstände haben die Hälfte ihrer Lebensdauer hinter sich. Danach kann etwas Neues beginnen. Es lassen sich an den Dingen neue Aspekte, Eigenschaften, Qualitäten entdecken.
Beatriz von Eidlitz und Andreas Stetka haben das, was sie auf dem Betriebsgelände der Ziegelei vorfanden, als Materialien der Gestaltung für ihre Installationen verwendet. So wurden Dinge und Räume aus der Sphäre von Nutzen und Zweckdienlichkeit in die Sphäre des Spiels, der Verfremdung, Neukombination und Verwandlung übertragen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete darüber am 1. September 2002 auf einer ganzen Seite unter der Überschrift „Das Nebengerümpel der Documenta“.
Und das Paradies
Zwei Videoinstallationen im Theater am Gärtnerplatz anlässlich der Kulturtage Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt im Rahmen der 850-Jahrfeier der Stadt München. “Beatriz von Eidlitz und Karina Smigla-Bobinski haben sich das Staatstheater am Gärtnerplatz als Ort für zwei Videoinstallationen gewählt, die sie unter den Titel „und das paradies“ stellen. Beide Künstlerinnen, die multinationale Wurzeln haben, fühlen sich schon deshalb durch das von der Stadt vorgegebene Motto „Brücken bauen“ angesprochen. Sie dachten dabei an Brücken zwischen Einheimischen und Zugewanderten, zwischen Realität und Imagination, irdischer Nüchternheit und hochfliegenden Erwartungen.” – Hanne Weskott