Metamorphosen – Verwandlungen

Beitrag vom 17. Juli 2021

Ausstellung mit Objekten von Beatriz von Eidlitz und Florian Lechner

Metamorphosen – Verwandlungen: Was ist verwandelt worden? Was soll sich verwandeln?

Die Bilder und Objekte, die wir in dieser Ausstellung sehen, sind aus Verwandlungsprozessen hervorgegangen.
Ihre Ausgangsstoffe sind elementar: Eisen – Lumpen – Sand. Dazu Wasser und Feuer als Medien, die die Verwandlung in Gang setzen

Zuerst: Eisen, Lumpen und Wasser.

Beatriz von Eidlitz präpariert Eisenplatten: Farbpigmente, Metallschablonen, alte Nägel, Sägeblätter, Plastikringe werden zu Bildern angeordnet, bilden liegende Strukturen und Muster. Das ist die eine, die schwere Hälfte des Verwandlungsprozesses. Dazu kommt die leichte, flüssige Hälfte: zerrissener Baumwollstoff wird in kleinste Teile zermahlen, mit Wasser zu einem Brei verrührt – Papier-Pulpe, die mit einem Sieb geschöpft und auf die vorbereitete Eisenplatte aufgetragen wird. Was dann passiert, bleibt unsichtbar: der eigentliche Verwandlungsprozess liegt im Dunkeln. Das Wasser der Papiermasse reagiert mit dem Eisen, Rost frisst sich in die feste Oberfläche, das feste Metall wird flüchtig, alles gerät sozusagen ins Schwimmen, verfärbt sich, reagiert miteinander. Die festen Strukturen und Farben drücken sich ab, nach unten in das porös werdende Metall, nach oben in die langsam trocknende Papiermasse. Nach ein paar Tagen wird das getrocknete Papier-Blatt nach oben abgezogen – dann zeigen sich zwei Bilder, spiegelbildlich verwandt und doch verschieden: eines auf der Eisenplatte, eines auf dem grobkörnigen Papier. Spuren eines Verwandlungsprozesses, in dem bewusstes Gestalten und zufälliges Geschehen einander durchdringen. Kreativität und Geduld, Handeln und Abwarten, Aktion und Passion bedingen einander. Die Spuren dieses Geschehens wirken wie Lebensspuren – rostige Linien von bizarrer Schönheit, leuchtende Farbe, atmendes Metall.

Sand und Feuer sind die Ausgangselemente bei der Herstellung von Glas. Florian Lechner bearbeitet Glas, das schon herausgeschmolzen wurde aus Sand und das besonders rein und farblos ist. Das Glas wird erhitzt, über Formen gezogen, gedrückt, gebogen, übereinandergelegt, mit Farben versetzt. Beim Erkalten können Luftblasen und Brüche entstehen, Schlieren oder Trübungen. Das geformte Glas lässt das Licht nicht einfach durchscheinen wie ein Fenster, es schimmert, wird gebrochen und geformt. Die große Schale nimmt Licht auf, gibt Licht ab, bündelt es, bringt es zum Klingen. Ihre Form ist nach oben offen, Fülle und Leere sind möglich.

Schimmerndes Glas, Eisenrost, leuchtende Farbe:

Was können wir sehen?

Schwebende Planeten, die wie im Traum vorbeiziehen und sich dabei drehen. Fliegende Kisten, jede auf der Suche nach einem Platz im Universum – welche Sehnsüchte segeln in ihnen durch den Raum? Hinter ihnen die Wand wird dreidimensional und zieht den Blick hinein in das optische Spiel. Eisenplatten verändern ihre Größe, plustern sich auf, ziehen sich zusammen, Vulkane brechen aus, ein grünes Blatt entfaltet sich. Vergrößerte Mikro-Welten leuchten signalfarben– pulsierende Zellstrukturen – sind das gefährliche Bakterien oder doch Blutkörperchen, die eilig durch die Adern strömen? Vielleicht auch Einzeller, wimmelndes Leben?

Grünblaues Wasser strömt durch Meerestiefen, Licht bricht sich rot und blau, ein straff gespanntes Segel zeigt die Richtung – jeder Raum ist erweiterbar, nichts steht still und in der großen Schale könnten Schiffe fahren. Schwarzes Licht durchstrahlt einen Gang in seiner ganzen Länge, ein Wort genügt, ihn zu füllen. Weißes Licht bewegt sich, umtanzt eine gläserne Schale in wechselnden Figuren.

Sichtbar wird schließlich auch die Gestalt der Betrachterin, des Betrachters, das eigene Gesicht, gespiegelt im Glas. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, was die großformatigen Fotos dahinter abbilden. Und sichtbar wird, nach diesem zweiten Blick, im Spiegelbild vielleicht dann auch die eigene Überraschung und Verwandlung.

Susanne Erhard Rein (29.06.2011)